Die Gnadengaben in der neutestamentlichen Gemeinde

von Willi Bergemann

Die Freude der Erlösung und die Gegenwart Jesu Christi schuf sich Raum im geistl. Leben des Gläubigen und der ntl. Gemeinde, sowohl in der Versammlung, als auch in der Verkündigung und den mitfolgenden Zeichen.

Die mit Heiligem Geist ausgerüsteten Gläubigen bildeten einen Chor von Talenten; sie waren Beschenkte mit einer dynamischen Kraft. Sie hatten viele Aufgaben und konnten diese nur mit den Gaben erfüllen, die ihnen durch den Heiligen Geist gegeben waren.

Die Kraft des H.G. wurde sichtbar, sobald man sie betätigte. So wie die Kraft einer Batterie erfahrbar wird, sobald man den Schaltknopfe betätigt (1.Mor. 12,7). (phanerosis-aufleuchten). In den Gemeinden ging es erstaunlich lebhaft und abwechslungsreich zu, und das ohne Hysterie, Aufputschung oder Ekstase.

Zum Gottesdienst gehörte und soll auch heute gehören:

1. Das Lied

Es sind Psalmen, Hymnen, Oden. Lieder des Lobpreises, der Anbetung, des Dankes, der Freude. Es können textlich und melodisch vorgefertigte oder unmittelbar inspirierte Gesänge sein. „Singen mit dem Verstand“ heißt auch verständlich und bekannt. „Singen im Geist“ bedeutet in Sprachen, die möglicherweise ausgelegt werden sollen. Singen war ein Charakteristikum der urgemeindlichen Gottesdienste (1. Kor. 14,16,26; Eph. 5,19; Kol. 3,16).

2. Die Lehre

Vom Geist gewirkte Lehre, die Glauben und Leben (Dogmatik und Ethik) erweckt, bildet oder beeinflusst, darf nicht zu kurz kommen (Mark. 1,27). Wort und Geist gehören zusammen und können nicht gegeneinander ausgespielt werden. Lehre muss durch den Geist lebendig werden. Wer lehrt muss auf die Zusammensetzung des Publikums achten (alt-jung; gebildet-einfach usw.) Lehre ist auch Erkenntnisvermittlung (Röm. 12,7; 1.Kor. 14,26).

3. Die Prophetie

Es ist eine Weissagung, die sich in der Verkündigung als Weisung für die Gegenwart zeigt. Der Prophet sieht Zusammenhänge von Ursachen und Wirkungen. Er lobt und tröstet, aber er mahnt und tadelt auch bis hin zur Drohung, wenn er fatale Folgen von einem Verhalten aufzeigt. Das prophetische Wort trifft das Gewissen und offenbart Verborgenes. Prophetie ist verständliches Reden. Der Prophet hat Offenbarungen, Visionen, Gesichte. Er steht nicht unter Redezwang. Er kann auch dem H.G. ungehorsam sein. Paulus wünscht diese missionarische Gabe allen Gläubigen für ihr zeugnishaftes Leben in unterschiedlicher Form (1.Kor. 14,29; Röm. 12,6; Matt. 13,57).

4. Die Offenbarung

Sie steht meist im Widerspruch zum menschlichen Verständnis und Erkennen, darum wird sie leicht, bzw. bald angezweifelt. Die Welt Gottes ist dem natürlichen Menschen verhüllt („apokalypsis“ – Hinwegnahme einer Verhüllung). Gläubigen mit dieser Gabe wird Einblick gewährt in Geheimnisse der göttlichen Welt. Offenbarung geschieht oft als gedankliche Schau (Vision, Gesicht, Bild). Eine Vision bedarf der Interpretation-Auslegung. Ohne H.G. ist die Vision Träumerei, manchmal sogar Spinnerei und Irrsinn. Hier ist Unterscheidung der Geister äußerst wichtig (Offenb. 1,7; Phil. 2,12+11).

5. Das Wort der Weisheit

Hier ist nicht Wissen (siehe Lehre und Erkenntnis), sondern weises Verhalten, Reden und Handeln gemeint (1. Kor. 12, 7+8; Sprüche 4,7; Luk. 20, 20-26; 1.Kön. 3, 16-18). Größte Erkenntnis ohne Weisheit ist Lieblosigkeit oder Fanatismus. Weisheit ist das Gegenteil von Unvernunft. Keine Geistesgabe soll ohne Weisheit Anwendung finden! Weisheit ist eine der besten, erstrebenswertesten Gaben. Wem es an Weisheit mangelt, der soll darum bitten. Der Teufel ist sehr weise. Er weiß, wie er Menschen verführen und zu Fall bringen kann. Wir können nur mit göttlicher Weisheit bestehen und Schwierigkeiten lösen. Manchmal wird uns blitzartig ein Wort der Weisheit gegeben.

6. Das Wort der Erkenntnis

Man sieht und versteht mit dieser Gabe Zusammenhänge (theologisch, persönlich, geschichtlich). Jesus erkannte was im Menschen war (Samariterin am Brunnen). Tatsachen werden offenbar, Hilfen können gegeben werden. Seelsorger stellen richtige Diagnosen mit dieser Gabe. Eine äußerst wichtige Gabe bei der Schriftauslegung, Predigt und Seelsorge. 1, Kor. 12,8; Apg. 5,11ff; 9,11+12; 10,19; Joh. 2,25; 6,64); 13,11; 16,12+134; 2.Kön. 5 und 6.

7. Der Glaube

Es ist nicht allgemeiner Rettungs- oder Erlösungsglaube, sondern grenzenloses Vertrauen zu Gott, zu seinen Zusagen und seinem Handeln gemeint (Gewissheit). Es ist ein Glaube, der Wunder wirkt. Mit der Gabe „Glaube“ erfahren wir Gebetserhörungen in großen und kleinen Dingen. Gott verherrlicht sich durch Geschehnisse. Dies ist eine Gabe, die häufiger angetroffen wird, als wir meinen. (Joh. 11; Apg. 3,16; 1.Kön. 18; Joh,3,6).

8. Kraftwirkungen

Es sind auch Krafttaten gemeint. Eine Gabe, die bei großer Gefahr oder in aussichtlosen Lagen Anwendung finden darf. (Dämonenaustreibung) Oft sind es Naturwunder als Zeichen und Warnungen. Auch Heilungen, Toten Auferweckung und andere Wunder, die als Gebetserhörungen geschehen, gehören dazu. (Joh. 2; 2.Mose 4; 1.Kor. 12,10).

9. Heilungen

Es ist die wohl am meisten begehrte Gabe, weil man meint, dann viel Gutes tun zu können oder selbst zu erfahren. Mancher erhofft sich dadurch Kosten zu ersparen, Angst bewältigen oder beseitigen zu können. Andere wollen nur ein unbeschwertes Leben führen. Das sind falsche Motive bei der Krankenheilung.

Echte Motive sind: Mitleiden und Verherrlichung Gottes.

Vordringliche Ziele der Heilungen sind: Geduld, Tragkraft, Hilfe, Linderung, Besserung, Teilheilung, Ganzheilung, Lobpreis Gottes. Es darf, muss aber nicht immer bis zur vollständigen Heilung kommen. Fürbitte, Handauflegung, Salbung mit Öl ist angebracht mit oder ohne Hinzuziehung von Ärzten und Medikamenten. Art, Dauer und Stärke der Erkrankung spielen dabei eine untergeordnete Rolle. (Mark. 16,17: Jak. 5,14; 1.Kor. 12,9; Luk. 17,14; Apg. 5,5; Mark. 3,10).

10. Die Unterscheidung der Geister

Dies ist eine für die Gemeinde äußerst wichtige, unentbehrliche Gabe, die allerdings sehr viel Demut erfordert! Nur so können göttliche, menschliche und widergöttliche (dämonische) Geister und Mächte unterschieden werden. Jesus hat fromm klingende Aussagen als dämonisch entlarvt. Wichtigtuer können diese Gabe nicht haben. Es ist eine Gabe für Demütige! Christen mit dieser Gabe leiden oft darunter, dass sie Bosheiten erkennen und aufdecken sollen, können und müssen. Hierzu gehört seelsorgerliches Feingefühl. Wichtig ist die Gabe bei Krankenheilungen und in der Seelsorge überhaupt. Gemeindevorsteher müssen diese Gabe haben; denn es gibt richtige Worte aus einem falschen Geist! Vorrangig ist der Geist zu prüfen, dann erst die Person und die Worte (Mark. 5; Apg. 5; 16; 1. Joh. 4,1; 2. Kor. 11,14; Luk. 11,7).

11. Reden in Sprachen

Es sind Sprachen der Menschen oder Engel, auch (Zungenrede oder Zungengebet genannt). Der Redner ist mit der Sprache nicht vertraut. Es geschieht Neuschöpfung von Worten und Sätzen durch den H.G. Sie werden zu Gott hin gesprochen als Lobpreis und Anbetung ohne Kontrolle durch den Verstand. Es ist unmittelbares Reden oder Hervorbrechen geistlicher Empfindungen. Wer so redet, kann anfangen und schließen wann er will. Er steht nicht unter Redezwang. Er kann modulieren (laut, leise; monoton, klangvoll usw.) Nicht der H.G. redet, sondern der Gläubige gebraucht vom Heiligen Geist. Manchmal ist bei der Auslegung Reden Gottes beigemischt (eine Weissagung, Prophetie, Zuspruch, Verheißung, Ermutigung). Sprachenrede (oder Gebet) ist nicht mystisches Lallen und kein ekstatisches Reden, sondern normales Sprechen in anderen fremden Sprachen, die in der Welt vorkommen können, aber meist nicht vorkommen. Die Echtheit lässt sich am Geist prüfen, also am Leben des Zungenredners mit Christus und der mit Gemeinde. Vorsicht bei Unbekannten, die in Zungen reden! Sprachenredner sind an ihrer Liebe, am Gehorsam und den übrigen Früchten zu erkennen. Botschaften und Aufträge erteilt der H.G. nicht in Sprachen (Zungen), sondern in verständlicher Weise. Zwangreden ist auch hier dämonisch. Mit der Sprachenrede eine „Schau abziehen“ ist zumindest menschlich, manchmal auch böse. Der geistliche Zungenredner verherrlicht immer Christus! (1. Kor. 13,1ff; 14,12.10; Apg. 2; Röm. 8,27; Ephes. 6,18; Judas 20).

12. Die Interpretation (Auslegung)

Mehrere Gaben bedürfen der Auslegung, besonders aber die Sprachenrede. Es ist eine notwendige Zusatzgabe damit geistliche Äußerungen nicht unverständlich bleiben und damit fruchtlos bzw. unsinnig. Der H.G. erklärt nicht, was jemand s a g t, sondern was G o t t m e i n t. In der Gemeinde ist die Gabe der Auslegung Voraussetzung für die Gabe der Sprachen. Im persönlichen Bereich ist keine Auslegung nötig.

Sprachenrede mit Auslegung ist der Prophetie gleichgestellt. In der Gemeinde soll der Sprachenredner nicht selber die Rede oder das Gebet auslegen. Als Teilgabe benötigt sie in der Öffentlichkeit den anderen, der auslegt! (1.Kor. 12; 13; 14; Dan. 5,26)
Weitere Gaben sind:

Leiten, Seelsorge, Dienen, Leiden, Barmherzigkeit und Opfern.